Rupprecht Geigers Papierarbeiten
On 21. September 2021 by MariaEin Beitrag von Franziska Straubinger
Rupprecht Geiger ist hauptsächlich für seine Gemälde und Druckgrafiken bekannt, jedoch entstehen im Lauf seiner Schaffensjahre auch zahlreiche Tempera-, Gouache-, Aquarell-, Kreide-, Acryl- und Grafitzeichnungen.
Die Papierarbeiten Geigers sind bis dato nicht in einem Werkverzeichnis festgehalten. Jedoch finden sich schon in seinen Tagebüchern, die er als Jugendlicher führte, detaillierte Aquarelle von Reisen mit seinen Eltern.
Das Zeichnen und Malen ist es auch, was Geiger während seiner Stationierung als Soldat in Russland, der Ukraine und Griechenland „rettet“: um das Geschehene und Gesehene zu verarbeiten, hält er auch als Erwachsener während des Zweiten Weltkriegs Landschaften und Stillleben in seinen Tagebüchern fest. Als er ab 1943 als Kriegsmaler in der Ukraine und 1944 in Griechenland stationiert wird, entstehen zahlreiche Gouachen, die farbenprächtige Landschaften und mediterrane Stadtansichten festhalten.
„Der Süden ist ein einziger Rausch, eine Symphonie der Farben, und man steht ihr ach! allzu oft fassungslos gegenüber.“ – Rupprecht Geiger, Tagebuch Griechenland 1944
Nach Kriegsende durchläuft der Künstler in kurzer Zeit verschiedenen stilistische Phasen: es entstehen expressionistische, ins Surrealistische gehende Werke. Wenig bekannt ist das Konvolut an „surrealistischen Landschaften“: mit Gouache- und Temperafarben bringt Geiger fantastische Formen mit einer breiten Farbpalette zu Papier.
Als er Ende der 1940er Jahre feststellt, dass eine Abkehr vom Gegenständlichen nach den Gräueltaten des Krieges notwendig ist, vollzieht er diese Abkehr auch in seinen Zeichnungen.
Zu dieser Zeit entstehen eine Reihe an Grafit-Zeichnungen, die durch organische Formen und Schattierungsflächen bestechen.
In diesen farblich zurückhaltenden Zeichnungen schafft Geiger mit den einfachen Mitteln eines Bleistifts und einer Reißschiene fast schwerelose Lichträume: Schicht für Schicht reihen sich fest gezogene Grafitlinien übereinander und schaffen einen schweren, undurchdringlichen Block, ein kräftiger Gegenpol, der die freigelassene helle Fläche zum Leuchten bringt. An anderer Stelle wird das Grafit mit dem Handballen zu diffusen Farbwolken verwischt. Das Spiel mit hell-dunkel, hart-weich und matt-glänzend birgt unendliche Möglichkeiten für den Künstler.
Später kombiniert er das Anthrazit des Grafits mit satter, farbiger Ölkreide um letztere in dieser Konfrontationssituation zu steigern.
Über die Jahre bringt Geiger auch immer wieder Eindrücke von Reisen mit Ölkreide zu Papier. Eindrücke aus Japan, Peru oder gar Reminiszenzen zu seiner Zeit am Mittelmeer während des Krieges, leuchten auf dem Papier, als wollte er sie für immer festhalten.
In den letzten Schaffensjahren wird die Acrylfarbe von Geiger nicht nur auf Leinwand, sondern auch auf Papier aufgetragen und es entstehen leuchtende Werke mit dem für ihn typischen, zurückhaltenden Formenkanon. Im Bindemittel Acryl wird die Leuchtkraft der Pigmente uneingeschränkt übersetzt, deshalb nutzt Geiger diesen Binder ab 1965 ausschließlich.
Die Zeichnungen von Rupprecht Geiger bilden einen wichtigen Teil innerhalb seines Werkes: so sind sie wie ein Schlüsselloch, aus dem Licht strömt. Wenn man die Tür dann öffnet, begibt man sich in die Farbräume seiner Malerei.
Titelbild: Andreas Pauly, München
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