Geiger am Bau #7: Gerundetes Blau am Gasteig, 1987

Gleich Anfang Juli haben wir das gute Wetter genutzt und bei einer geführten Radtour Werke von Rupprecht im öffentlichen Raum näher betrachtet. Das gerundete Blau am Gasteig dient bei der Tour, die übrigens am 1. und 8. August 2020 nochmal angeboten wird, als Ausgangspunkt.

„Der gezirkelte Kreis, das gleichschenklige Quadrat (Mathematik) sind nicht mehr Ausdruck unserer Zeit. Das Oval dagegen (Einstein) und das liegende Rechteck sind unbekannte Größen und offener in ihren optischen Maßen, sind als Ausdruck der Zeit jetzt und der Zeit vor uns besser geeignet.“

(Rupprecht Geiger: Farbe ist Element, Düsseldorf 1975)

Als Rupprecht Geiger Mitte der 1980er Jahre den Auftrag bekommt, ein Kunstwerk für den neuen Bau des Gasteigs zu schaffen, greift er auf eine seiner archetypischen Formen, den gedrückten Kreis, zurück. Seit 1987 steht nun das „Gerundete Blau“, eine Form der Jetztzeit, in Bezug zum damals neu errichteten Gebäude des Kulturzentrums, das bis heute Philharmonie, Bibliothek und Münchner Volkshochschule beherbergt.

Bereits 1976 gewinnt die Architektengemeinschaft Raue, Rollenhagen, Lindemann und Grossmann den Bauwettbewerb, deren Pläne nicht nur aufgrund des auffälligen Backsteinbaus mit Glasrisalit bestachen, sondern auch weil der Gebäudekomplex für Fußgänger durchgängig ist. Nach dem Spatenstich 1978 zieht sich die Fertigstellung aufgrund einiger Hürden hin, bis der Kulturkomplex „Gasteig“ im November 1985 schließlich eröffnet wird.

Auch heute bildet das monumentale „Gerundete Blau“ von Geiger einen kräftigen farblichen Kontrast zum roten Backsteinbau des Gasteigs und kokettiert im Laufe der Jahreszeiten mit seiner Präsenz, wenn es sich hinter dem dichten Laubdach der benachbarten Bäume versteckt. Auch formal kontrastiert das Werk mit seiner Umgebung: das runde Oval bildet ein Gegenstück zur strengen Gebäudearchitektur.

Das rund sieben Meter hohe Stahlblech-Oval Rupprecht Geigers steht im Dialog zu Alf Lechners Edelstahl-Stele „Durchdringung“, die sich ein Stück weiter rechts befindet. Die beiden Künstler hatten das Zusammenspiel der Objekte gemeinsam konzipiert. Lechners Stele bezieht sich nicht nur was die Höhe betrifft, auf den Gasteig, sondern auch auf seine Hanglage: „Durchdringung“ neigt sich zum Hang, sodass ein Teil der Stele den Boden nicht berührt.

Im Sommer 2017 wurde Geigers Werk „Gerundetes Blau“ neu lackiert und hält seitdem wieder Wind und Wetter stand.

Ende 2020 steht eine umfassende Generalsanierung des Gasteigs bevor, die Skulptur Geigers soll dem Gelände erhalten bleiben.

TECHNISCHE ANGABEN

Technik: Acryl/Stahlblech

Format: 600 x 700 x 200 cm

Ort: Gasteig HP8, München

Architekt(en) / Bauherr: Architektengemeinschaft Carl F. Rauhe/Eike Rollenhagen/Gerd Lindemann/Günter Grossmann, München / Erich Wirth/Franz-Josef Balmert

Wettbewerbsjury: Kunstkommission Gasteig der Landeshauptstadt München

Auftraggeber: Allgemeine Kommunal-Leasing Objekt Gasteig GmbH & Co. KK

Literatur:
Giloy-Hirtz, Petra: Wegweiser Kunst für München im öffentlichen Raum 1972-1997, Helmut Friedel (Hg.) im Auftrag der Landeshauptstadt München, Bau- und Kulturreferat, München, 1997.

Steffi Roettgen (Hg.), Skulptur und Plastik auf Münchener Straßen und Plätzen, Kunst im öffentlichen Raum 1945-1999, Puchheim, 2000.

Zitierweise: Franziska Straubinger: Geiger am Bau #7: Gerundetes Blau am Gasteig [21.07.2020], in: Archiv Geiger Blog LINK (zuletzt aufgerufen am TT.MM.JJJJ)

Titelfoto: Franziska Eiselt, Archiv Geiger, München