Geiger am Bau #8: U-Bahn-Station Machtlfinger Straße, 1989

Ein Beitrag von Franziska Straubinger

Die U-Bahn-Stationen in München mögen für manche nur eine kurze Zwischenstation sein, aber ein genauer Blick lohnt sich. Dann entdeckt man nämlich nicht nur architektonisch spannende Strukturen, sondern auch allerlei Kunst am Bau. So auch in der U-Bahn-Station Machtlfinger Straße, für die Rupprecht Geiger vier zweiteilige Objekte entworfen hat.

1989 erhält Rupprecht Geiger den Auftrag der Stadt München die Gestaltung der U-Bahn-Haltestelle „Machtlfinger Straße“ in München-Süd (Linie U 3) durchzuführen. Auf rötlichbraun lasierten Steinsäulen, sog. Bohrpfahlwänden, sind auf beiden Seiten der Gleise jeweils zwei zweiteilige Arbeiten Geigers montiert. Durch Lichtkuppeln wird dieser Bahnsteig auch von Tageslicht erhellt.

Die Werkgruppen bestehen jeweils aus einer kleineren (180 x 180 cm) und einer größeren Form (300 x 400 cm) wobei sich auf der einen Flanke immer rechteckige Formen zu Paaren finden und auf der anderen jeweils ein kleinerer Kreis mit einer rechteckigen Figur kombiniert wird.

Auch wenn sich die beiden Gebilde innerhalb einer Gruppe nicht berühren, so bilden sie eine formale Einheit. Dies wird zusätzlich durch die Durchtrennung der Stationsbezeichnung an entsprechender Stelle verdeutlicht; dieses blaue Band verläuft am Großteil der anderen Stationen der Münchner U-Bahnhöfe ohne Unterbrechung.
Die vier zweiteiligen Objekte sind innerhalb ihrer Gruppierungen nicht nur unterschiedlich groß, sondern auch anders gefasst: die Aluminiumplatten sind jeweils mit leuchtoranger bzw. leuchtpinker Acrylfarbe homogen gesprüht. Diese kräftigen Farben werden außerdem durch die erdige Struktur und gedeckte Kolorierung der Bohrpfahlwände verstärkt.

Die Farben und Formen bei diesem Werk im öffentlichen Raum repräsentieren genau die damalige Werkentwicklung Geigers: nach seiner Rückkehr 1965 von einer elfjährigen Professur in Düsseldorf, widmet sich der Künstler immer größeren Formaten und legt seinen Fokus auf die Farben Rot und Pink in ihren verschiedenen Nuancierungen. Formal bleibt er bei den zurückhaltenden Formen Kreis und Rechteck, um damit die Farb-Erfahrung in den Vordergrund treten zu lassen. Auch greift er in dieser Zeit das Thema „shaped canvas“ wieder auf: Ende der 1940er Jahre schuf Geiger eine 14 Gemälde umfassende Werkgruppe in unregelmäßigen Bildformat und beschäftigt sich Ende der 1970er Jahre wieder mit dem Versuch, die Farbe von der Form zu emanzipieren. Es entstehen zweiteilige Gemälde und Objekte, die Kreise, Rechtecke und/oder Quadrate vereinen.

Auch gibt es eine Verwandtschaft zu den Objekten im Münchner Theresianum, die 1986 ausgeführt wurden.

Diese Objekte können jederzeit direkt am Bahnsteig betrachtet oder in der Bahn selbst als vorbeiziehendes Farberlebnis erfahren werden.

TECHNISCHE ANGABEN

Technik: Acryl/Aluminium

Format: 300 x 400cm (vier große Objekte) und 180 x 180cm (vier kleine Objekte)

Architekten: Schnetzer und Großkopf, München

Auftraggeber: Landeshauptstadt München, U-Bahn-Referat

Literatur:
Hackelsberger, Christoph (Hg.): U-Bahn Architektur in München = Subway architecture in Munich, Munich/New York, 1997

Giloy-Hirtz, Petra: Wegweiser Kunst für München im öffentlichen Raum 1972-1997, Helmut Friedel (Hg.) im Auftrag der Landeshauptstadt München, Bau- und Kulturreferat, München, 1997

Roettgen, Steffi (Hg.): Skulptur und Plastik auf Münchens Straßen und Plätzen, Kunst im öffentlichen Raum 1945-1999, Puchheim, 2000

Zitierweise: Franziska Straubinger: Geiger am Bau #8: U-Bahn-Station Machtlfinger Straße [01.09.2020], in: Archiv Geiger Blog LINK (zuletzt aufgerufen am TT.MM.JJJJ)

Titelfoto: Franziska Eiselt, Archiv Geiger, München